Designerboas

 

Boa constrictor Nachzuchten abzugeben

 

Nun ist es soweit:

Es war klar, dass die gezielte Züchtung von genetischen Krüppeln ("Designerboas") irgendwann in eine Sackgasse führen wird. Nun ist der erste Dominostein gefallen, andere werden folgen. Olaf Schal, einer der bekanntesten "Morph-Züchter" Deutschlands, den wir auch sehr schätzen, hatte seinem Frust über die "Designerboa Szene" in einer ausführlichen Stellungnahme auf seiner (inzwischen nicht mehr existierenden) Seite freien Lauf gelassen. Von genetischen Schäden war die Rede, einäugigen Albinos, von IBD und den Zuständen in den USA.

Inzwischen hat Olaf Schal 200 "Morphs" weggeben und nur einige wenige Tiere auf Drängen seiner Frau behalten. Es läßt sich erahnen, wie groß der Frust bei Olaf gewesen sein muss...

Seine Internetseite www.albino-boa.de existiert nicht mehr...


"Morphs"....

Die Lieblingsbeschäftigung vieler amerikanischen (und nicht nur dieser) Riesenschlangenhalter ist es, mit gezielten Züchtungen immer wieder neue Farb- und Zeichnungsvarianten der verschiedenen Boa- und Pythonarten zu erschaffen. Als Handwerkszeug für solche Zwecke sind fundierte Kenntnisse der Mendelschen Vererbungslehre unerlässlich. Wir behaupten, dass manche dieser "Züchter" die Grundsätze der Vererbungslehre besser im Kopf haben als der alte Mendel zu seinen Lebzeiten selbst.

Ein Beispiel: Man nehme eine Albino Boa constrictor (Fachausdruck: amelanistisch = Fehlen der schwarzen Pigmente), verpaare sie mit einer anerythristischen/axanthischen Boa constrictor (Fehlen der roten und gelben Pigmente) und erhält dann Junge, die ihrerseits verpaart (rein rechnerisch) pro 16 Tiere in einem Wurf eine so genannte "Snowboa" (fast weiß) produzieren.

Solche Geschöpfe haben nichts, aber auch gar nichts mehr mit jenen Tieren gemeinsam, die in der freien Natur leben. Überhaupt ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich zwei Tiere mit derartigen genetischen Defekten (Amelanismus, Anerythrismus und Axanthismus sind nämlich nichts anderes) in der Natur begegnen, gleich Null. Nur im Terrarium bei gezielter Zucht ist so etwas möglich.

Gemacht wird dies aus rein kommerziellem Interesse, wobei der Verkaufs fördernden Namensgebung für solche Designerboas keine Grenzen gesetzt sind. Das hört sich bei den „Mutantenzüchtern“ in den USA dann ungefähr so an:

"Hypomelanistic anerythristic blood-snow arabesque super-motley black muted ghost sunglow albino jungleboa double het for blizzard and piebald".

Wir haben dieses Beispiel zwar ein wenig überspitzt, aber alle diese Bezeichnungen sind der entsprechenden Terminologie entnommen.

Der Grund, warum wir darüber schreiben ist, dass mittlerweile die ersten dieser Geschöpfe den Sprung über den großen Teich zu uns geschafft haben und dazu beitragen werden, den Genpool der hier in privater Haltung lebenden Riesenschlangen noch mehr zu verseuchen. Glücklicherweise ist in Europa das Interesse an solchem genetischen Schrott (bitte verzeihen Sie uns den Ausdruck, wir wissen die Tiere können nichts dafür) nicht sonderlich groß, was für den Geschmack der Menschen in der alten Welt spricht.

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Erwähnenswert ist noch, dass die in den USA gezüchteten Farb- und Zeichnungsmutationen von Boa constrictor fast ausnahmslos Mischlinge sind. Das gilt auch für „Albino“ Boa constrictor. Fallen Sie nicht darauf rein, wenn Ihnen jemand etwas anderes erzählen will!

Was auch noch gegen die Zucht von Farb- und Zeichnungsmutationen spricht ist die Tatsache, dass es sich bei diesen Abweichungen von der "Normalform" um nichts anderes handelt, als einen Defekt in den Genen der Tiere. Daher ja auch die Vererbbarkeit der abweichenden Zeichnung bzw. Färbung.

Die Vermutung, dass sich noch weitere defekte Gene im Erbgut solcher Tiere befinden ist nicht von der Hand zu weisen. Das Auftauchen einäugiger Tiere in Würfen von Albinoboas spricht eine klare Sprache. Solche Effekte werden dann noch dadurch verstärkt, dass Tiere mit denselben genetischen Abweichungen miteinander verpaart werden.

Auch fällt auf, dass die Zuchtergebnisse bei der Verpaarung von Albinoboas deutlich schlechter sind als bei wildfarbenen Tieren. Wenn man die Ergebnisse im Jahr 2003 ansieht muss man sogar von einem Desaster in der Albinozucht sprechen. Offenbar hat die Fruchtbarkeit dieser Tiere unter der Inzucht gelitten oder es hat etwas mit der Veranlagung zu tun. Die schlechten Zuchtergebnisse bei der Verpaarung von Albino Boas haben inzwischen schon bei mehreren Züchtern dieser Tiere offene Besorgnis ausgelöst.

Ein uns bekannter Tierarzt hat das "Albino-Gen" als "Letal-Gen" bezeichnet. Man kann getrost davon ausgehen, dass von allen "Boa Morphs" die Albinos die am meisten genetisch belasteten sind.

Vielleicht ist dies auch einer der Gründe, warum selbst in den USA die Nachfrage nach reinrassigen Boa constrictor in letzter Zeit immer mehr zunimmt und sich die Preise für solche Tiere, insbesondere für so genannte "Rotschwanzboas" dort gegenüber vor 5 Jahren beinahe verdoppelt haben.

Die geäußerte Vermutung (BINDER 2002) dass auch seltene Unterarten wie z. B. Boa c. longicauda durch genetische Verarmung bedingte Schwächen aufweisen, können wir in keiner Weise bestätigen. Wir haben gegenteilige Erfahrungen gemacht. Speziell diese Unterart ist in ihrer robusten Konstitution mit Boa c. imperator gleichzusetzen.

Das schlimmste was man machen kann (und was leider in den USA häufig passiert) ist, reinrassige Boa constrictors mit Designerboas (sog. "morphs") zu verpaaren, um deren Aussehen zu verbessern. Die Unterarten von Boa constrictor sind entweder im Anhang I (Boa c. occidentalis) oder Anhang II (alle anderen Unterarten) des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) eingestuft. Das heißt, Sie sind entweder vom Aussterben bedrohnt oder in unmittelbarer Gefahr auszusterben. Deshalb sollte es unser Ziel sein, diese Tiere so zu erhalten, wie sie in der Natur vorkommen (wie es gegenwärtig bei den Pandabären oder den Berggorillas unter größten Anstrengungen gemacht wird). Es ist eine sträfliche Sünde wider die Natur, reinrassige Boas aus finanziellen Gründen mit Designerboas zu verpaaren um Mischlingsboas die sich durch immer neue künstlich aussehende Farb- und Zeichnungsmuster hervortun, zu erzeugen.