Boa constrictor Nachzuchten abzugeben

 

 

Das ist eine Frage, die uns als Kenner und Liebhaber von Boa constrictor sehr häufig gestellt wird. Die Antwort darauf lautet: Im schlimmsten Fall überhaupt nicht. Nehmen wir einmal an, ein "Züchter" würde ein Boa c. constrictor Weibchen, Verbreitungsgebiet Surinam mit einem Boa c. imperator Männchen, Verbreitungsgebiet Kolumbien kreuzen. Es entstehen daraus – sagen wir mal – 20 Junge. Sie können sicher sein, dass bei diesem Wurf mindestens ein Tier dabei ist, das aussieht wie Mammi, also alle äußeren Merkmale einer reinrassigen Surinamrotschwanzboa (Boa c. constrictor) aufweist und von einer solchen nicht zu unterscheiden ist. Es wird auch mindestens ein Schlangenbaby dabei sein, das alle Merkmale des Vaters geerbt hat und aussieht wie eine Boa c. imperator aus Kolumbien. Werden diese Tiere später zur Zucht verwendet, fliegt der Schwindel allerdings auf, weil die Jungen dann ziemlich multikulturell aussehen.

Im Anzeigenjournal des DGHT (Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde) haben wir in letzter Zeit öfters in den Inseraten den Zusatz "... 100%" reinrassig" gelesen. Diese Formulierung wird seit neuesten gerne verwendet, weil Mischlinge kaum mehr abzusetzen sind und reinrassige Tiere teurer verkauft werden können. Meist hält diese „Reinrassigkeitsbehauptung“ einer gründlichen Überprüfung jedoch nicht Stand. Da kommen dann  Aussagen wie: "Der Züchter hat mir versichert, die Tiere seien reinrassig, aber genau weiß ich es nicht", oder "... aus dem Verhalten der Zuchttiere, als sie noch Babys waren schließe ich, dass deren Eltern Wildfänge gewesen sein müssen".

Oh mei, würde man in Bayern sagen...

Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit, um hundertprozentig sicher zu gehen: Nur aus absolut zuverlässiger Quelle Tiere erwerben.

Als oberste Maxime gilt:

Der Stammbaum eines jeden Tieres sollte sich bis ins Herkunftsland zurückverfolgen lassen! Nur wenn dies möglich ist, können Sie sicher sein, eine Schlange zu erwerben, die reinrassig ist nach Unterart UND Verbreitungsgebiet.

Dasselbe gilt übrigens auch für die Beurteilung der „lokalen Varianten“ von Boa c. constrictor und Boa c. imperator (= z. B. Boa c. constrictor aus Peru, Brasilien, Surinam, Trinidad oder Boa c. imperator aus Belize, Mexiko, Ecuador usw.). Auch hier lässt sich zweifelsfrei nur etwas sagen, wenn man Ahnenforschung betrieben hat.

Leider liegt es in der Natur des Menschen am ehesten das zu glauben, was er gerne glauben möchte. Deshalb wird die Behauptung es handle sich um reinrassige Nachzuchten der (zum Beispiel) Honduras Variante von Boa c. imperator nur allzu gerne ungeprüft übernommen, wenn die Tiere zu einem günstigen Preis hergehen. Seien Sie gewarnt: Da in den letzten Jahren die Nachfrage nach reinrassigen Boa constrictor Unterarten immens gestiegen ist, weiß mittlerweile auch der dümmste  Mischlingsboazüchter, was er den Leuten erzählen muss.

Boa constrictor Mischlinge erkennen | Mischlingsboa Erkennungsmerkmale | Mischlingsboa erkennen | Bastard Boa constrictor | Boa constrictor Kreuzung Erkennungsmerkmale | Bastardboa erkennen | Reinrassige Boa von Mischlingsboa unterscheiden

Dazu kommt noch, dass es unter den Haltern und Züchtern von Boa constrictor viele Leute gibt, die nicht wissen, dass ihr Tier ein Mischling ist. Sie werfen einen Blick auf die Cites - Bescheinigung (die ja bei vielen älteren Abgottschlangen noch vorhanden ist) und lesen darauf Boa c. constrictor oder Boa c. imperator.
Nun, wenn es die Naturschutzbehörde schon rein schreibt, dann muss es ja wohl stimmen! Oder nicht?
Nein! Den zuständigen Sachbearbeitern fehlte meistens das Fachwissen, einen Bastard von einer reinrassigen Abgottschlange zu unterscheiden. So wurde munter das vermerkt, was der Züchter an- oder vorgab.
Insbesondere für Schlitzohren unter den Züchtern war dies ein gefundenes Fressen. Eine Bastardboa mit einem roten Schwanz wurde flugs zur Surinamrotschwanzboa. Fehlte der rote Schwanz, wurde sie als Boa c. imperator vermarktet. Es gibt heute noch genügend Leute mit Mischlingsboas, die Stein und Bein schwören, sie hätten eine reinrassige Boa c. constrictor oder Boa c. imperator.

Dieses Geschöpf ist der lebende Beweis dafür, dass es  unmöglich ist, nur aufgrund des Aussehens zu bestimmen, ob es sich um eine reinrassige Boa handelt, oder nicht. Das Tier sieht aus wie eine reinrassige Boa c. constrictor aus dem Verbreitungsgebiet Surinam, der Vater war jedoch ein Boa c. imperator Männchen aus dem Verbreitungsgebiet Kolumbien!
Sie sehen, was da auf uns zukommt (Lug und Betrug sind Tür und Tor geöffnet) und verstehen vielleicht nun, warum wir für unsere Zuchtprojekte fast ausschließlich auf Wildfänge und Farmnachzuchten zurückgreifen.
Das Foto wurde uns freundlicherweise von Tom Burke zur Verfügung gestellt. Er hat das Tier nicht gezüchtet, sondern nur erworben.