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Wer zu wem
Surinamrotschwanzboas (Boa c. constrictor) gehören zu den am schwierigsten nachzuzüchtenden Riesenschlangenarten. Einer der erfolgreichsten Züchter dieser Tiere hielt sein Zuchtpaar 12 Monate im Jahr zusammen. Der Bock war sogar anwesend, wenn das Weibchen seine Jungen bekam.
Mittlerweile liegen uns mehrere gleich lautende Haltungsbeschreibungen von erfolgreichen Züchtern anderer Arten von Riesenschlangen vor. Auch wir haben diesbezüglich einen Erfolg versprechenden Versuch laufen. Daher sind wir nicht mehr sicher, dass Männchen und Weibchen außerhalb der Paarungszeit zu trennen sind.
Eine permanente Vergesellschaftung beinhaltet einen riesengroßen Vorteil: Der richtige Zeitpunkt für die Zusammenführung beider Geschlechter kann nicht mehr versäumt werden. Riesenschlangenbabys, geboren in einer Jahreszeit, in der diese Art eigentlich gar nicht zur Welt kommen dürfte, sind das Ergebnis einer solchen permanenten Vergesellschaftung. Das zeigt, dass Arten, die eigentlich als saisonal (= Paarung und Geburt der Jungen finden jedes Jahr zur selben Zeit statt) gelten, durch die Terrarienhaltung asaisonal werden können oder es schon immer waren. Die Unterstellung einer Saisonalität mag auch oft der Grund für mangelnden Zuchterfolg sein. Wenn Tiere während der fruchtbaren Phase im Sommer getrennt sind, weil der Züchter der Meinung ist, dass die Fertilität nur von Oktober bis März gegeben ist, geht halt nun mal nichts.
Für die Anhänger der Geschlechtertrennung außerhalb der Paarungszeit (zu denen wir bis vor kurzem auch gehörten) noch der Hinweis, das es besser ist, das Weibchen zum Männchen zu geben. Wie in einem anderen Kapitel schon erwähnt, ist die Paarungswilligkeit des Bockes das A und O des Zuchterfolges. Wenn das Männchen keine Lust verspürt, kann sich der Züchter auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, es wird trotzdem nichts. Deshalb ist es ratsam, den angehenden „Paarungsbock“ so wenig wie möglich abzulenken oder zu irritieren. Das Umsetzen in ein anderes Terrarium kann bereits alle Paarungslust zum Erliegen bringen.
Wir denken, dass sowohl die Trennung als auch die ständige Vergesellschaftung beider Geschlechter hinsichtlich des Zuchtvorhabens Vor- und Nachteile hat. Es muss hier jeder selbst herausfinden, wie er mit seinen Tieren zum Erfolg kommt.
Werbungsverhalten
Wenn das Männchen Paarungslust verspürt, beginnt es über das Weibchen zu kriechen und die Angebetete am Körper abzuzüngeln. Die so Umworbene versucht in der Regel den Nachstellungen des Verehrers zu entkommen, indem sie weg kriecht. Meist verfolgt der Bock die Schlangenfrau dann so lange durchs Terrarium bis sie endlich aufgibt und stillhält. Dann geht’s zur Sache.
Das Geschlechtsorgan des Männchens, der so genannte Hemipenis ist y - förmig. Eines der beiden Enden wird bei der Paarung in die Kloakenöffnung des Weibchens eingeführt.
Meist ist diese nicht sofort dazu bereit. Der Bock versucht deshalb, sein Ansinnen durchzusetzen, indem er mit seinem Schwanz den des Weibchens fest umklammert und in kurzen Abständen zusammendrückt. Ein weiteres Mittel der Verführung ist das Kratzen mit den Afterspornen an den Flanken des Weibchens. Diese wenige Millimeter bis zu einem halben Zentimeter großen, klauenartigen Gebilde befinden sich links und rechts neben der Kloake des Männchens. Es handelt sich dabei um die Überreste der hinteren Extremitäten, welche die Schlangen im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte eingebüßt haben. Bei Männchen sind die Aftersporne wesentlich stärker ausgeprägt als bei den Weibchen. Diesen Umstand macht sich der erfahrene Riesenschlangenhalter zunutze, um das Geschlecht adulter Tiere zu bestimmen.
Doch zurück zu den Paarungsversuchen des Männchens.
Diese können sich über viele Stunden hinziehen und enden oft erfolglos. Das Weibchen weigert sich standhaft, die Kloake zu öffnen um dem Männchen das Eindringen zu ermöglichen. So mancher Riesenschlangenhalter der gerne gezüchtet hätte, verspürte schon Mordlust angesichts eines Weibchens, das sich wochen- oder sogar monatelang verweigert.
Uns ging es am Anfang auch nicht anders, bis wir feststellten, dass dieses wochenlange Werben erst zur Produktion befruchtungsfähiger Eier im Körper des Weibchens führt. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, öffnet das Weibchen seine Kloake und erlaubt dem Bock, seinen Hemipenis einzuführen. Wie vorher schon erwähnt, wird nur eine Verzweigung dieses Geschlechtsorganes eingeführt, die andere verbleibt in der so genannten Hemipenistasche.
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Dauer der Vergesellschaftung
Nicht wenige potentielle Züchter haben sich selbst um ihren Erfolg gebracht, weil sie ihre Schlangen zu früh wieder separierten. Die Ovulation beim Weibchen geht mit einer erheblichen Zunahme des Körperumfanges einher. Hier von einer bereits eingetretenen Trächtigkeit auszugehen und weitere Paarungen durch Trennung der Zuchttiere zu unterbinden, ist der beste Weg, dem Weibchen eine Ladung unbefruchteter Eier (sog. "Wachseier") zu verschaffen. Damit steigt auch die Gefahr einer Legenot.
Wie schon erwähnt, kennen wir mehrere erfolgreiche Züchter, die beide Geschlechter während des ganzen Jahres, auch während der Trächtigkeit des Weibchens oder des Geburtsvorganges, zusammen halten. Die Gefahr, eine erfolgreiche Befruchtung durch zu frühes Separieren der Zuchttiere zu verhindern, ist damit praktisch ausgeschlossen. Den Anhängern der Geschlechtertrennung empfehlen wir, diese erst herbeizuführen, wenn mindestens drei Wochen keine Paarung mehr beobachtet werden konnte.
Röntgenaufnahme einer trächtigen Hog Island Boa. Die Aufnahme wurde anläßlich einer Legenot gemacht. Foto: Dr. Lauboeck auf Veranlassung Dres. Heuberger,
Anzeichen der Trächtigkeit
Trächtig, oder nicht trächtig, das ist hier die Frage. Oder wie hieß das in Shakespeares "Macbeth"?
Spaß beiseite. Jeder Riesenschlangenhalter, der Paarungen seiner Tiere beobachtet hat, wird natürlich das Weibchen immer wieder kritisch mustern und sich fragen, ob es geklappt hat, oder nicht. Deshalb wollen wir uns jetzt mal die möglichen Anzeichen der Trächtigkeit ansehen:
Umfangvermehrung
Bei einem trächtigen Schlangenweibchen zeigt sich diese im Bereich kurz hinter der Körpermitte. Während die Umfangvermehrung bei der Ovulation nur wenige Tage dauert und danach wieder verschwindet, bleibt sie bei der Trächtigkeit bestehen. Allerdings erscheint auch hier das Weibchen phasenweise wieder mal etwas dünner, je nachdem wie die Eier zu liegen kommen.
Futterverweigerung
Trächtige Weibchen verweigern oft, aber nicht immer das Futter. Ein reduzierter Appetit lässt sich aber fast immer feststellen. Da gerade die Rede davon ist: Auch trächtigen Weibchen sollte regelmäßig Futter angeboten werden, selbst wenn sie es monatelang verschmähen. Irgendwann wollen sie vielleicht doch wieder mal zwischendurch einen Happen. Hier empfiehlt es sich aber, frisch tote oder aufgetaute Nager zu verwenden, um die werdende Mutter nicht in unnötige Ringkämpfe zu verwickeln. Auch auf Hasen und Meerschweinchen sollte in dieser Zeit verzichtet werden, da der „Bauchraum“ der trächtigen Riesenschlange ohnehin schon ziemlich ausgebucht ist.
Reduzierte Aktivität
Dies ist ein Merkmal, das fast immer zutrifft. Wenn die Riesenschlange aufgenommen hat, wird sie in der Regel passiv. Sogar unser Bahia Island Boa Weibchen (Boa c. imperator), das nachts immer das Terrarium zerlegte (4 Leuchtstoffröhren der Marke „Repti-glo“ gehen auf ihr Konto) wurde zu unserer großen Freude im Zustand der Trächtigkeit zur „faulen Sau“ und gab endlich Ruhe. Zur Strafe für die Zerstörung der Röhren haben wir übrigens ihre Jungen verkauft.
Wir wollen nicht unerwähnt lassen, dass es auch Weibchen gibt, die während der Trächtigkeit aktiver sind als sonst. Das kommt allerdings nur sehr selten vor.
Aufsuchen warmer Plätze
Eine trächtige Riesenschlange hat ein größeres Bedürfnis nach Wärme, das sie ausgiebig befriedigt, indem sie häufig und für längere Zeit die wärmste Stelle im Terrarium aufsucht. Dem aufmerksamen Besitzer sollte diese Verhaltensänderung nicht verborgen bleiben.
Dunklere Färbung
Dieser Punkt hat auch etwas mit dem erhöhten Bedürfnis nach Wärme zu tun. Fast immer nehmen die schwangeren Weibchen eine dunklere Färbung an, um mehr Licht und damit mehr Wärme zu speichern.
Trächtige Boa constrictor Weibchen drehen oft den Bauch seitlich. Dies ist eines der deutlichsten Anzeichen einer Trächtigkeit. Im Bild eine so genannte "Firebelly Boa"